Es ist noch kalt und nass. Der Schnee bedeckt noch immer das altgrüne Gras vom letzten Jahr und sie fragt sich, ob das schon immer so war. Sie fragt sich, wohin es gehen wird, und ob er wieder kommt. Sie fragt sich jeden Tag und mit dem Gedanken dahin, spürt sie auch die Schmetterlinge wieder kribbeln. Nur drei kleine Worte lag das Kribbeln entfernt. Nicht, was man jetzt denken mag, nein – es geht hier um kein offenes Liebesgeständnis. Es geht darum, ihr zu zeigen, dass sie noch immer tief im Herzen zu ihm gehört und dass er es spürt. Diese Worte, drei im Ganzen, vier Silben, vierzehn Buchstaben an der Zahl; und sie fühlt sich zurück zu dem Punkt, an dem alles gut ist; zurück an dem Punkt, an dem die Welt für eine Millisekunde stehen bleibt, ihr Atem anhält, das Leben stoppt. Und in dieser unbelebten und kurzen Zeit erinnert sie sich, an das Gefühl, an die Berührung, an seinen Atem und seinen Herzschlag, als er sie das letzte Mal so nannte. Mit einem Kuss auf die Stirn, von seinen Armen fest umgeschlungen und der Gewissheit von tausend neuen Morgen in den Augen, konnte nichts und niemand ihr jemals diesen Moment nehmen. Der Duft seines Parfums und seiner Selbst steigt unweigerlich in ihre Nase, sie erinnert sich und wird wie beflügelt; egal ob es schon so weit ist – in ihr herrscht plötzlich Frühling; alle Blumen spriessen; die Schmetterlinge – ja, sie kribbeln wieder. Sie spürt den Hauch der frischen Luft, zurück an Ort und Stelle, den Blick auf die unendlich beheimatende Stadt ihres Herzens, er hinter ihr, aus dem Fenster lehnend, an der Zigarette ziehend. Die Nacht verschleiert die Schatten, macht sie lang und die Formen grell. Der Turm jetzt rechts, er wirkt bedrohlich und stoisch, wie ein Wahrzeichen steht er da, das Tor bewachend – wie er für sie. Sie fühlt sich umgeben von seiner Wärme und merkt doch die nächtliche Kälte, das Flüstern in ihren Nacken verschafft ihr eine Gänsehaut, die durch den ganzen Körper fährt. Es ist wieder soweit. Er ist wieder da. Und er hat den Frühling zurückgebracht. In dieser einen und jeder anderen längst geträumten Winternacht. – „Dir auch, Kleines.“
130217
Sehr schön geschrieben 🙂
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Vielen Dank gloriamonique!
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